In Zeiten von Vertreibung, Flucht und neuen Grenzen nähere ich mich dem Thema der Grenzenlosigkeit in diesem Werk über seinen „Gegenpol“, der Abgrenzung. Denn erst wenn der Kontrast sichtbar und spürbar wird, lässt sich ein Gefühl für die Grenzenlosigkeit entwickeln, bekommt das „Grenzenlose“ einen ganz neuen Wert.


Mit dem Triptychon „testes lapidarii“ (Steinerne Zeugen) gehe ich fotografisch dem menschlichen Verlangen auf die Spur, immer wieder neue Grenzen ziehen zu wollen und dafür eine immense Zerstörung in Kauf zu nehmen. Als ein Symbol dafür stehen die über 7.000 Bunker an der Küste Dänemarks. Sie waren einst Teil des riesigen Atlantikwalls der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Bis heute sind sie Zeugen einer maßlosen Diktatur, die keine Rücksicht auf Menschenleben nahm. Es sind steinerne Denkmäler einer Zeit, in der über 50 Millionen Menschen für neue Grenzen ihr Leben verloren.


Die Fotografien zeigen die oberflächlichen Erosionen dieser 78 Jahre alten Bunkeranlagen. Im Zentrum des dreiteiligen Werkes steht der Einschlag einer Granate. Durch den hohen Druck des Einschlages und die enorme Hitze der Explosion ließ sie den Beton partiell schmelzen. Heraus bildete sich eine fast stoffartige Faltung im Inneren des Einschlages. Ganz ungewöhnliche organische Strukturen entstanden, die ein Eigenleben zu entwickeln scheinen. Sowohl die grafischen Erosionsmuster, als auch der Einschlag-Krater wirken im Heute wie eine Reflexion der damaligen Situation aus Krieg und Zerstörung. Das Innere wird nach außen gekehrt und ist offenbar für jeden sichtbar – und doch bleibt es für viele im Verborgenen.


Legt man jedoch den Fokus auf diese Details und abstrahiert sie aus ihrem Kontext, lässt sich der Schmerz geradezu spüren; der Stein wird lebendig und entwickelt eine unglaubliche Dimension, deren Tragweite bis in die heutige Zeit hineinreicht: grenzenlos.